Errungenschaftsbeteiligung (gesetzlicher Güterstand)

Eigengut

Eigengut sind von Gesetzes wegen (Art. 197 ZGB):

  • die Gegenstände, die einem Ehegatten ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch dienen
  • die Vermögenswerte, die einem Ehegatten zu Beginn des Güterstandes gehören (Erwerb vor der Ehe) oder ihm später durch Erbgang oder sonst wie unentgeltlich zufallen
  • Genugtuungsansprüche im Zusammenhang mit Persönlichkeitsverletzungen
  • Ersatzanschaffungen für Eigengut (Wert- oder Mittelersatz, nicht aber Zweckersatz)
  • Durch den Ehevertrag ist die Zuweisung von Vermögenswerten möglich, die für die Ausübung des Berufes oder den Betrieb eines Gewerbes bestimmt sind (Art. 199 ZGB).

Bei Auflösung des Güterstandes verbleibt das Eigengut vollumfänglich dem Eigentümer. Die Erträge des Eigengutes fallen vorbehältlich anderer Vereinbarung der Errungenschaft zu. Wer behauptet, ein bestimmter Vermögenswert sei Eigentum des einen oder andern Ehegatten, muss dies beweisen. Kann dieser Beweis nicht erbracht werden, wird Miteigentum beider Ehegatten angenommen (Art. 248 Abs. 2 ). Alles Vermögen gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Errungenschaft (Art. 200 ZGB).

 

Errungenschaften

Die Errungenschaft eines Ehegatten umfasst insbesondere

  • seinen Arbeitserwerb
  • die Leistungen von Personalfürsorgeeinrichtungen, Sozialversicherungen und Sozialfürsorgeeinrichtungen
  • die Entschädigungen wegen Arbeitsunfähigkeit (insbesondere gemäss Art. 46 Abs. 2 OR)1
  • die Erträge seines Eigengutes2
  • Ersatzanschaffungen für Errungenschaft3

1 Schadenersatz bei Körperverletzung, wobei die Folgen der Verletzung im Urteilszeitpunkt noch nicht feststehen, und das Urteil während 2 weiteren Jahren abgeändert werden kann.

2 Die Erträge des Eigengutes umfassen die natürlichen und zivilen Früchte (Zinsen, Dividenden). Keine Erträge sind nach h. L. Liquidationsgewinne bei der Auflösung von Handelsgesellschaften und Gratisaktien.

3 Ersatzanschaffungen für Gegenstände aus der Errungenschaft führen aufgrund des Grundsatzes der vermögensrechtlichen Surrogation wieder zu Errungenschaft. Die Ersatzgegenstände dienen dem Wertersatz d.h. die Herkunft der für das Ersatzobjekt verwendeten Mittel ist ausschlaggebend, nicht sein Verwendungszweck.

 

Verwaltung, Nutzung und Verfügung

Jeder Ehegatte verwaltet und nutzt seine Errungenschaft und sein Eigengut selber und verfügt darüber.

 

Haftung

Jeder Ehegatte haftet für seine Schulden mit seinem gesamten Vermögen (Art. 202 ZGB).

 

Massenzuordnung von Schuld

Eine Schuld belastet die Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammen­hängt, im Zweifel aber die Errungenschaft (Art. 209 Abs. 2 ZGB).

Bei während der Ehe entstandenen Schulden ist massgeblich, ob

  • die Schuld beim Einkommen anknüpft und somit der Errungenschaft zugerechnet wird
  • die Schuld nicht beim Einkommen anknüpft; Diesfalls kommt es auf die Massen­zuordnung des Vermögensgegenstandes an, welcher die Schuld auslöst.

Zusammenwirken verschiedener Gütermassen

Verhältnis zwischen den Ehegatten:

Für die eigentumsmässige Zuordnung von Vermögenswerten ist grundsätzlich das Sachenrecht massgebend.

Verhältnis zwischen den Gütermassen im Verhältnis der Ehegatten untereinander

Für die Massenzuordnung gilt keine proportionale Beteiligung, sondern ist der engste sachliche Zusammenhang und damit das Übergewicht der Beteiligung ausschlaggebend (Art. 209 Abs. 3 ZGB).

 

Mehrwertbeteiligung

Mehrwertbeteiligung nach Art. 206 ZGB

Voraussetzungen

Voraussetzungen sind:

  • Investition eines Ehegatten in einen Vermögenswert des andern in Geld, Sach- oder Arbeitsleistung
  • Verwendung der Investition zum Erwerb, Verbesserung oder Erhaltung eines konkreten Vermögensgegenstandes
  • ohne entsprechende Gegenleistung
  • Beschränkung auf konjunkturelle Mehrwerte
  • Keine Beteiligung am Minderwert

Berechnung

Berechnung des Mehrwertanteils:

  1. Der Anfangswert im Zeitpunkt der Investition ist dem Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräusserung oder güterrechtlichen Auseinandersetzung gegenüberzustellen (= Mehrwert).
  2. Es ist das proportionale Beitragsverhältnis im Zeitpunkt der Investition ausschlaggebend.
  3. Der Mehrwert wird im Verhältnis der Beteiligungen auf die beteiligten Gütermassen aufgeteilt.

Fälligkeit

Fällig wird der Mehrwertanteil bei

  • Veräusserung des Vermögensgegenstandes
  • der güterrechtlichen Auseinandersetzung

Mehrwertbeteiligung nach Art. 209 Abs. 3 ZGB

Haben Mittel der einen Vermögensmasse zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung von Vermögensgegenständen der andern Gütermasse beigetragen und ist ein Mehr- oder Minderwert eingetreten, so entspricht die Ersatzforderung dem Anteil des Beitrags und wird nach dem Wert der Vermögensgegenstände im Zeitpunkt der Auseinandersetzung oder der Veräusserung berechnet (Art. 209 Abs. 3 ZGB).

Die Ersatzforderung infolge Mehrwerts gehört zu derjenigen Gütermasse, welche den Erwerb des Vermögensgegenstandes (mit) finanziert hat. Sind beim Erwerb zwei Gütermassen beteiligt, ist nicht der Besitz oder das Eigentum über die Massenzugehörigkeit entscheidend, sondern das wertmässige Übergewicht zu Gunsten einer Gütermasse. Der anderen Gütermasse steht eine Ersatzforderung zu.

 

Hinzurechnung und Herabsetzung

Zur Errungenschaft hinzugerechnet werden (Art. 208 ZGB):

  1. Unentgeltliche Zuwendungen, die ein Ehegatte während der letzten 5 Jahre vor Auflösung des Güterstandes ohne Zustimmung des anderen Ehegatten gemacht hat, ausgenommen die üblichen Gelegenheitsgeschenke.
  2. Vermögensentäusserungen, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes vorgenommen hat, um den Beteiligungsanspruch des andern zu schmälern.

Deckt das Vermögen des verpflichteten Ehegatten oder seine Erbschaft bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung die Beteiligungsforderung nicht, so können der berechtigte Ehegatte oder seine Erben Zuwendungen bei den begünstigten Dritten einfordern (Art. 220 ZGB).

Massgeblich ist der Verkehrswert (bei landwirtschaftlichen Gewerben der Ertrags­wert) im Zeitpunkt der Veräusserung.

Der Güterstand wird aufgelöst (Art. 204 ZGB):

  • mit dem Tod eines Ehegatten
  • mit der Vereinbarung eines andern Güterstandes
  • bei Scheidung
  • gerichtlicher Trennung
  • Ungültigerklärung der Ehe
  • Anordnung der Gütertrennung

Güterrechtliche Auseinandersetzung

Die güterrechtliche Auseinandersetzung erfolgt in 4 Schritten:

  1. Trennung des Vermögens von Mann und Frau (Art. 205 ZGB)
  2. Berechnung des Vorschlags (Art. 207 ZGB)
  3. Verteilung des Vorschlags (Art. 215 ZGB)
  4. Erfüllung der Ansprüche